Umsatzsteuer

Zweites Bürokratieentlastungsgesetz in Arbeit

Unnötige Bürokratie bremst alle Firmen, belastet aber überproportional kleine und mittlere Unternehmen. Die Bürokratie zumindest ein kleines bisschen zu reduzieren war das Ziel des ersten Bürokratieentlastungsgesetzes, das vor einem Jahr beschlossen wurde. Die Änderungen im damaligen Gesetz waren aber nicht besonders bemerkenswert, denn es konnte jeweils nur eine überschaubare Zahl von Unternehmern von der Entlastung profitieren.

Jetzt geht die Bürokratieentlastung in die nächste Runde: Im Juni hat die Bundesregierung die Erarbeitung eines Zweiten Bürokratieentlastungsgesetzes beschlossen, für das jetzt der erste Entwurf vorliegt. Die in diesem Entwurf enthaltenen Maßnahmen haben eine deutlich größere Breitenwirkung, denn fast jeder Unternehmer und Freiberufler kann von mindestens einer der Maßnahmen profitieren. Insgesamt mehr als 350 Mio. Euro soll das Gesetz der deutschen Wirtschaft an Bürokratiekosten sparen.

Das Gesetzgebungsverfahren ist zwar erst am Anfang, aber das Gesetz soll noch im Herbst von Bundestag und Bundesrat beraten werden, sodass es zum 1. Januar 2017 in Kraft treten kann. Bleibt es bei diesem Zeitplan, dann gelten alle Änderungen ab 2017. Und das sind die Maßnahmen, die in dem Gesetz enthalten sind:

  • Lieferscheine: Lieferscheine sind als empfangene oder abgesandte Handels- oder Geschäftsbriefe aufbewahrungspflichtig, und zwar auch dann, wenn sich die Angaben aus den Rechnungen ergeben. Die Lieferscheine müssen mindestens sechs Jahre lang aufbewahrt werden, und sogar zehn Jahre lang, wenn sie als Buchungsbeleg verwendet werden. Weil eine Rechnung ohnehin stets Angaben zu Menge und Art der gelieferten Ware enthalten muss und es keine gesetzliche Pflicht zur Erstellung von Lieferscheinen gibt, wird die Aufbewahrungspflicht für Lieferscheine nun weitgehend gestrichen. Bei empfangenen Lieferscheinen endet die Aufbewahrungsfrist künftig mit dem Erhalt der Rechnung und bei abgesandten Lieferscheinen mit dem Versand der Rechnung. Davon ausgenommen sind lediglich Lieferscheine, die auch als Buchungsbeleg verwendet werden - diese sind wie bisher aufzubewahren. Die verkürzte Aufbewahrungspflicht soll für alle Lieferscheine gelten, deren Aufbewahrungspflicht nach der bisher geltenden Vorschrift noch nicht abgelaufen ist. Wenn das Gesetz wie vorgesehen noch im Herbst verabschiedet wird, können damit im Januar 2017 alle Lieferscheine entsorgt werden, die nicht als Buchungsbeleg dienen oder aufgrund anderer Vorschriften aufbewahrt werden müssen.

  • Kleinbetragsrechnungen: In Rechnungen über Kleinbeträge bis zu 150 Euro müssen nicht sämtliche Pflichtangaben für eine Rechnung enthalten sein. Es genügen das Datum, die Adresse des Rechnungsausstellers, die Aufstellung der Waren oder Leistungen und der Rechnungsbetrag sowie der Umsatzsteuersatz oder Steuerbetrag. Die bisherige Grenze von 150 Euro wird nun auf 200 Euro angehoben. Im letzten Jahr war sogar eine Anhebung auf 250 Euro im Rahmen eines anderen Steuergesetzes im Gespräch. Das sei aber aufgrund der "Belange der Umsatzsteuer-Betrugsbekämpfung" nicht möglich, heißt es in der Begründung des Bürokratieabbaugesetzes.

  • Kleinunternehmerregelung: Wenn der Umsatz im vergangenen Kalenderjahr nicht über 17.500 Euro lag und im laufenden Jahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 Euro beträgt, kann ein Unternehmer die Kleinunternehmerregelung nutzen. Er muss dann in Rechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen und abführen, darf aber im Gegenzug auch keinen Vorsteuerabzug geltend machen. Der Grenzbetrag von 17.500 Euro für den Vorjahresumsatz wird nun auf 20.000 Euro angehoben, was die allgemeinen Preissteigerungen seit der letzten Anpassung ausgleicht.

  • Lohnsteueranmeldung: Ein Arbeitgeber, der im Jahr nicht mehr als insgesamt 4.000 Euro Lohnsteuer ans Finanzamt abführt, muss die Lohnsteueranmeldung nur einmal im Quartal statt jeden Monat abgeben. Diese Grenze wird jetzt angehoben auf 5.000 Euro, sodass künftig mehr Kleinbetriebe nur noch vier statt zwölf Lohnsteueranmeldungen im Jahr abgeben müssen. Die Grenze für die jährliche Abgabe der Lohnsteueranmeldung ist bereits vor zwei Jahren mit dem Kroatien-Anpassungsgesetz von 1.000 Euro auf 1.080 Euro angehoben worden.

  • SV-Beiträge: Wenn bei der Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge der endgültige Arbeitslohn noch nicht bekannt ist, muss bisher die voraussichtliche Höhe der Beiträge geschätzt und abgeführt werden. Die Differenz zwischen Schätzung und endgültigem Betrag ist dann im Folgemonat mit zu berücksichtigen. Künftig steht das vereinfachte Verfahren allen Arbeitgebern offen. Dabei werden einfach die Beiträge des Vormonats als Grundlage genommen und wie bisher die Differenz im Folgemonat ausgeglichen. Eine aufwendige Schätzung ist damit nicht mehr notwendig.

  • Pflegeversicherung: Für die Abrechnung von Pflegeleistungen im Rahmen der Pflegeversicherung sollen bis 2018 die Details für eine komplett elektronische Abrechnung samt Bestätigung der Leistungserbringung durch den Leistungsempfänger festgelegt werden. Belege in Papierform sind dann überflüssig.

  • Handwerkskammern: Die Handwerkskammern bekommen eine eindeutige Rechtsgrundlage, um mit ihren Mitgliedern elektronisch kommunizieren zu können. Dazu können sie künftig von ihren Mitgliedern auch Webseiten und Email-Kontaktdaten erfragen und in die Handwerksrolle aufnehmen.

  • Handwerksordnung: In der Handwerksordnung erfolgen noch verschiedene weitere Änderungen, beispielsweise zur Ausstellung des Europäischen Berufsausweises und zur Veröffentlichung von Bekanntmachungen in digitalen Medien.

  • Leistungsinformationen: Eine zentrale Bundesredaktion soll künftig zu leistungsbegründenden Gesetzen und Verordnungen des Bundes Leistungsinformationen in standardisierter Form bereitstellen. Leistungsinformationen sollen insbesondere für unternehmens- und bürgerrelevante Regelungen erstellt werden, bei denen ein hoher Informationsbedarf zu erwarten ist.

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Vorsteuerabzug bei der Unternehmensgründung

Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs zeigt, welche Fallstricke bei der Gründung eines Unternehmens lauern können. Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der eine GmbH gründen wollte und für die geplante Gründung verschiedene Beratungsleistungen in Anspruch genommen hatte. Aus der GmbH-Gründung wurde letztendlich nichts, aber für die Beratungsleistungen wollte der Existenzgründer zumindest den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen.

Das hat der Bundesfinanzhof nun ausgeschlossen, weil er meint, dass der Gesellschafter einer noch zu gründenden GmbH nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wenn der Leistungsbezug durch den Gesellschafter bei der GmbH zu einem Investitionsumsatz führen soll. Voraussetzung für einen Vorsteuerabzug ist also, dass der Gesellschafter einen Vermögensgegenstand erwirbt, der später auf die GmbH übertragen wird.

Grund für diese Entscheidung ist, dass der Gesellschafter umsatzsteuerlich kein Unternehmer ist, was Voraussetzung für den Vorsteuerabzug wäre. Der bloße Erwerb und das Halten von Gesellschaftsanteilen sind keine wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne des Umsatzsteuerrechts. Ein Gesellschafter ist daher nur dann auch umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer, wenn er Leistungen gegen Entgelt im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit erbringt, also beispielsweise Verwaltungsleistungen gegenüber der GmbH umsatzsteuerpflichtig abrechnet.

Der Bundesfinanzhof hat allerdings auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es für den Vorsteuerabzug keine Rolle spielt, ob die beabsichtigte GmbH-Gründung letztendlich gelingt oder scheitert. Einfacher haben es da Einzelunternehmer, weil sie zumindest nach erfolgreicher Gründung selbst eine unternehmerische Tätigkeit ausüben und damit schon für Vorableistungen zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.

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Neuordnung der Umsatzsteuerorganschaft

Eine Umsatzsteuerorganschaft führt steuerrechtlich zu einer Zusammenfassung des Organträgers mit den von ihm abhängigen Organgesellschaften. Der Organträger ist dann allein für den gesamten Organkreis steuerpflichtig. Die Umsatzsteuerorganschaft ist vor allem für Unternehmensgruppen ohne Recht auf Vorsteuerabzug von großer Bedeutung, beispielsweise im Finanz-, Heil- und Pflegebereich. Durch die Organschaft können verbundene Unternehmen in diesen Branchen untereinander umsatzsteuerfrei Leistungen erbringen und vermeiden damit die Entstehung von Vorsteuerbeträgen, die wegen des fehlenden Rechts auf Vorsteuerabzug nicht abziehbar wären. Mit insgesamt fünf Urteilen hat der Bundesfinanzhof nun Zweifelsfragen zur Umsatzsteuerorganschaft geklärt und dabei teilweise seine Rechtsprechung geändert.

  • Voraussetzungen: Der Bundesfinanzhof hält weiter daran fest, dass die Umsatzsteuerorganschaft eine eigene Mehrheitsbeteiligung des Organträgers an der Tochtergesellschaft voraussetzt, und dass außerdem im Regelfall eine personelle Verflechtung über die Geschäftsführung bestehen muss. Er lehnt es ausdrücklich ab, die Organschaft aus Gründen des EU-Rechts auf eng miteinander verbundene Personen zu erweitern. Eine Organschaft zwischen Schwestergesellschaften bleibt also weiterhin ausgeschlossen. Damit bleibt es beim Erfordernis einer Beherrschung der Tochtergesellschaft durch den Organträger.

  • Tochterpersonengesellschaft: Entgegen der bisherigen Rechtsprechung lässt der Bundesfinanzhof jetzt auch eine Organschaft mit einer Personengesellschaft zu. Voraussetzung ist aber, dass die Gesellschafter der Personengesellschaft nur der Organträger und andere vom Organträger finanziell beherrschte Gesellschaften sind. Die bisherige Einschränkung der Organschaft auf abhängige juristische Personen war gerechtfertigt, weil nur so einfach und rechtssicher über die Beherrschungsvoraussetzungen der Organschaft entschieden werden kann. Bei einer juristischen Person ist dies durch die rechtliche Ausgestaltung von Gesellschaftsgründung und Anteilsübertragung gewährleistet. Demgegenüber lassen sich Personengesellschaften ohne Formzwang gründen und Gesellschaftsanteile ebenso formfrei übertragen. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs rechtfertigen diese Unterschiede aber nicht den Ausschluss auch von Tochterpersonengesellschaften, an denen nur der Organträger und andere von ihm finanziell beherrschte Gesellschaften beteiligt sind. Die Beherrschung kann dann nicht in Frage gestellt werden. Damit erweitert sich der Kreis der in die Organschaft einzubeziehenden Tochtergesellschaften. Die neue Rechtsprechung, dass auch eine Personengesellschaft (GmbH & Co. KG) eine Organgesellschaft sein kann, hat der Bundesfinanzhof in einem weiteren Urteil noch einmal bestätigt.

  • Nichtunternehmer (Hoheitsträger): Entgegen einer aus dem EU-Recht abgeleiteten Sichtweise hält der Bundesfinanzhof daran fest, dass der Organträger Unternehmer sein muss. Die Organschaft ist eine Vereinfachungsmaßnahme, die eine eigene Unternehmerstellung des Organträgers voraussetzt. Dies ist zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken unionsrechtlich geboten. Eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die nicht unternehmerisch tätig ist, kann daher die Vorteile der Organschaft in Form einer Nichtbesteuerung der von Tochtergesellschaften bezogenen Leistungen nicht in Anspruch nehmen.

  • Unternehmensübertragungen: Eine Umsatzsteuerorganschaft kann auch bei einer Unternehmensübertragung von Bedeutung sein. Eine Unternehmensübertragung ist als Geschäftsveräußerung nicht steuerbar. Das setzt aber die Übertragung des gesamten Betriebs auf einen Erwerber voraus. Eine Aufspaltung des einheitlichen Unternehmens auf zwei Erwerber ist bei einer bloßen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern demgegenüber nicht begünstigt. Im Streitfall hatte ein Unternehmer im Wege der Generationennachfolge sein Unternehmen auf eine Betriebs- und eine Besitzpersonengesellschaft übertragen, deren Gesellschafter der Unternehmer und seine beiden Söhne waren. Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist nur die Übertragung auf die Betriebsgesellschaft als Geschäftsveräußerung anzusehen, nicht aber die Übertragung auf die Besitzgesellschaft. Bei Annahme einer Organschaft wäre steuerrechtlich von einer Übertragung auf einen Erwerber auszugehen gewesen, so dass auch die Übertragung auf die Besitzgesellschaft steuerfrei gewesen wäre. Zwischen Betriebs- und Besitzgesellschaft lag aber keine Organschaft vor. Diese scheiterte schon an der Notwendigkeit einer eigenen Mehrheitsbeteiligung.

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